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Wie geht die zweitgrößte Rundfunkanstalt innerhalb der ARD, der SWR, mit den Themen der sozialen Nachhaltigkeit um?

Im Gespräch mit Herrn Prof. Dr. Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks SWR

Das Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und des Öffentliches Rechts schloss er 1992 mit der Promotion zum Dr. phil. ab. Als Reporter und Schlussredakteur arbeitete er bei den Fernsehnachrichten des SWF in Mainz und ab 1995 als Landespolitischer Korrespondent. 1999 übernahm er die Leitung der Redaktion ARD-aktuell beim SWR in Rheinland-Pfalz. Von 2003 bis 2005 war er Zweiter Chefredakteur ARD-aktuell. Von 2006 bis 2019 verantwortete er als Erster Chefredakteur ARD-aktuell unter anderem die Tagesschau, Tagesthemen und tagesschau.de.
Die Hochschule Mittweida bestellte Kai Gniffke 2019 zum Honorarprofessor für „Journalismus in der digitalen Transformation“.

Der SWR beschäftigt mehr als 3.500 Mitarbeiter (Stand 2020) und erreicht mit seinen Angeboten täglich mehr als 60 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

 

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Kunst für alle.
Klimaneutral bis 2024.

Sylvia Weber von Würth im CSR-Gespräch

Sein Geld verdient Reinhold Würth mit Befestigungs- und Montagetechnik. Einen Teil davon investiert er in Kunstobjekte und Kulturveranstaltungen. In seinen Galerien und Museen ist der Eintritt frei. Das Unternehmen Würth im baden-württembergischen Künzelsau fördert zudem Bildung und Forschung, kümmert sich um Behinderte und will sehr schnell klimaneutral sein. Bei alledem ist die ganze Familie aktiv. Sylvia Weber ist Prokuristin bei Würth und leitet den Geschäftsbereich Kunst. Im Gespräch mit Günther Bachmann erläutert sie die soziale Nachhaltigkeit bei Würth

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Seit über 30 Jahren arbeitet Sylvia Weber für das Unternehmen Würth, das sich heute mit einem Umsatz von 14,4 Mrd. Euro und fast 82.000 Mitarbeiter:innen in 80 Ländern international mit Schrauben einen Namen gemacht hat. Über die wird jedoch beim CSR-Gespräch nicht geredet, dafür umso mehr über das Engagement des Unternehmens für die Nachhaltigkeit, zuvorderst für die Kunst: An 15 Standorten in Europa hat Würth im Laufe der Jahre Spielstätten und Museen für Kunst und Kultur aufgebaut und hier ist Sylvia Weber maßgeblich als Kuratorin beteiligt. Der Geschäftsbereich, den sie leitet, heißt jedoch Nachhaltigkeit, da das Familienunternehmen nicht nur einfach Kunstwerke sammelt, sondern sein Engagement für die Kunst als gesellschaftliche Verantwortung ansieht und dem Feld der Nachhaltigkeit zuordnet.

Firmenchef Reinhold Würth musste die Firma nach dem frühen Tod seines Vaters sehr jung übernehmen. Er hat es zu einem Weltmarktführer gemacht. Die Frage liegt nahe: Wie macht man eine Marke bekannt, deren Produkte nicht im Laden um die Ecke zu kaufen sind, weil sie im Business-to-Business-Geschäft vertrieben werden? Und wenn die Schrauben eben immer Schrauben bleiben? Würth und Weber fanden einen besonderen Weg. Sie begannen Kunst zu kaufen, um sie der gesamten Gesellschaft bei freiem Eintritt zugänglich zu machen. Zudem hat Würth auch ein eigenes Musik-Orchester. Rund neun Millionen Menschen besuchten bislang die Ausstellungen und Veranstaltungen. Tochterfirmen des Unternehmens können sich Werke ausleihen, um sie in ihren eigenen Räumen zu zeigen. Kooperationen machen die Würth’schen Bestände überall auf der Welt zugänglich. Die Folge: Der Name Würth steht für praktizierte Verantwortung, Kultur und Engagement – und für Schrauben.

Pandemie und die Kunst
Was hat Corona mit den Künstler:innen und der Kunst gemacht, will Günther Bachmann wissen. Da zeichnet Sylvia Weber ein differenziertes Bild. „Die Museen sind ganz klar zu lange geschlossen geblieben“ kritisiert sie, „viele bildende Künstler haben jedoch die Zeit genutzt, um kontemplativ, ohne Ablenkung zu arbeiten.“ Schlimmer sei es für die Musiker:innen gewesen, die ihr Publikum schmerzlich vermissten. Und was die Themen betrifft: Spiegelt sich die Pandemie schon in den Arbeiten wider? Bachmann meint, es sei so viel Angst in der Gesellschaft, vor allem beim Thema Klimawandel. „Und Angst ist ja bekanntlich eine schlechte Ratgeberin.“ Gibt es dazu zum Beispiel schon eine Ausstellung? Weber sieht die Bedeutung dieser Thematik („da gibt es eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung“), doch sie vermutet, nach der Pandemie seien jetzt wohl erst einmal eher die leichteren Themen gefragt. Und wie steht es um die Kunstobjekte, die den Deutschen gar nicht gehören, die in Kriegen oder der Kolonialzeit anderen Völkern oder den Juden geraubt oder abgepresst wurden? Würth, so Sybille Weber, könne die Herkunft der Kunstwerke genau dokumentieren. Zu Unrecht erworbene Kunst müsse aus historischer Verantwortung zurückgegeben werden. Weil Würth vorwiegend zeitgenössische Kunst sammelt, sei dies ansonsten „heiße“ Thema der Museumspolitik etwas weniger aktuell. Trotzdem prüfe sie sehr genau die Herkunft neuer Ankäufe.

Auch im sozialen und Umweltbereich aktiv
Auch im sozialen Bereich, das Terrain von Carmen Würth, engagiert sich die Firma. Da gibt es beispielsweise Projekte für Behinderte. Mit seiner Stiftung fördert das Unternehmen Bildung und Forschung. So gibt es die Reinhold Würth Hochschule in Künzelsau und Heilbronn oder die Freie Schule Anne-Sophie in Künzelsau und Berlin, letzte gründete Tochter Bettina. Mit all dem investiert das Unternehmen in die Region und das lange bevor man in der Wirtschaft von Corporate Social Responsibility zu sprechen begann. Zum Thema Umwelt hat sich das Unternehmen Großes vorgenommen: Schon bis 2024 will es klimaneutral sein, d.h. alle Klimagase entweder vermieden – zum Beispiel durch eine eigene Stromproduktion mit erneuerbaren Energien und Energieeffizienz – oder kompensiert haben. Ist das realistisch? „Es könnte knapp werden“, gesteht Weber, doch die anspruchsvolle Herausforderung soll alle Mitarbeiter:innen motivieren ihr Bestes zu geben, und auch Kunden und Lieferanten müssen ihren Teil beisteuern.

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Wünsch Dir Dein Gehalt!

Wigwam arbeitet gemeinwohlorientiert und zahlt nach Bedürfnissen.

2009 als Unternehmergesellschaft gegründet ist die Berliner Kommunikationsagentur Wigwam heute eine Genossenschaft. Dort unterstützt man Projekte für den sozial-ökologischen Wandel und arbeitet ohne die üblichen Hierarchien. Auch die Gehälter werden unkonventionell ermittelt.

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Eigentlich hatte zunächst niemand daran geglaubt, dass so etwas funktionieren könnte: Ein Wunschgehalt! Die Mitarbeiter:innen sagen, wieviel sie gerne verdienen möchten und wenn es wirtschaftlich machbar ist, bekommen sie es. Wo gibt es denn sowas?! Bei Wigwam in Berlin. Die Agentur, die seit 2016 eine Genossenschaft ist und bei der es faktisch keine Chef:innen gibt, die sagen, wo es langgeht, hat diesen höchst ungewöhnlichen Weg eingeschlagen. Bisher mit Erfolg. Seit Mitte 2020 ist Lena Erdt im Team. Als sie zum ersten Mal sagen sollte, was sie gerne verdienen will, „fühlte sich das befremdlich an. Doch das war ein hochinteressanter Prozess. Ich musste mir genau überlegen, was ich eigentlich brauche. Und natürlich, wie ich mich und meine Leistungen im Team einordne. Ich wollte mich ja weder über- noch unterschätzen.“ Am Ende war sie überrascht, wie relativ nah ihre Vorstellungen bei denen der anderen Kolleg:innen lagen. In diesem Jahr entsprechen die Gehälter zu 94 Prozent dem, was sich die Beschäftigten gewünscht haben. Doch warum dann nicht gleich ein Einheitsgehalt für alle? „Weil die Lebenssituationen von uns allen sehr verschieden sind und sich immer auch mal ändern können. Die einen haben Kinder, andere müssen einen Kredit abbezahlen. Die einen sind alleinerziehend, andere haben Partner:innen, die sie mit unterstützen müssen.“ Fördert so ein Modell aber nicht die Missgunst? Nein, meint Lena Erdt, weil die Zahlen transparent seien. „Wir wissen alle um die finanzielle Situation des Unternehmens und wir sehen, wer welches Gehalt bekommt. Es funktioniert überraschend gut.“ Einmal im Jahr sprechen alle zusammen über die Gehälter und Finanzsituation. Das fördere auch das Verständnis füreinander. Der persönliche Bedarf ist jedoch nicht das alleinige Kriterium, nach dem die Gehälter berechnet werden: Auch Leistung spielt eine Rolle oder Aspekte, wie lange jemand schon bei Wigwam ist.

Alle tragen Verantwortung
Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich alle für das Unternehmen verantwortlich fühlen. Seit es eine Genossenschaft ist und der Großteil der rund 30 Beschäftigten auch mit einer Einlage Genoss:innen wurde, kann man bei Wigwam nicht mehr mit dem Finger auf eine Geschäftsleitung zeigen. Jetzt gilt: Alle sind nun Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen zugleich. Das Unternehmen ist nur so gut, wie alle das gemeinsam hinkriegen.

Gleichberechtigtes Arbeiten ist das Ziel bei Wigwam. Dafür wurden die Rollen und Methoden der Selbstorganisation eng verzahnt mit denen, die sich aus der Rechtsform einer Genossenschaft ergeben. Es gibt einen Vorstand, der aufgrund von Beschlussvorlagen von Arbeitskreisen entscheidet und einen Aufsichtsrat, der den Vorstand kontrolliert. Große und kontroverse Anliegen werden dreimal im Jahr in längeren Strategieklausuren diskutiert. Die verschiedenen Arbeitsgruppen berichten bei kurzen monatlichen Treffen. Interessant sind auch die Arbeitszeitmodelle, die sehr flexibel wählbar sind. So können die Beschäftigten Arbeit und Privatleben gut vereinbaren. Dafür müssen die Arbeitszeiten zu 100 Prozent erfasst werden. Das sei mitunter lästig, „aber schon ok, solange klar ist, wozu es dient“, meint Erdt.

Mit den Kunden auf Augenhöhe
Doch was macht Wigman eigentlich genau? Das Unternehmen ist eine Agentur für Kampagnen, Design und Organisationsberatung. Man arbeitet selbstbestimmt und gemeinwohlorientiert, also nur für „das Gute“, das heißt, man will den sozial-ökologischen Wandel vorantreiben. Zu den Kunden zählen daher vor allem Organisationen aus dem zivilgesellschaftlichen Bereich, wie Campact, der DGB, die Evangelischen Kirche Deutschland, der Nabu oder Wikimedia und auch Unternehmen mit Projekten, die die Gesellschaft gerechter, nachhaltiger und lebenswerter machen sollen. Mit all denen arbeitet man auf Augenhöhe. „Wir verstehen uns als Mitstreiter:innen in der Sache“, erklärt Vorständin Lena Erdt. Das heißt Wigwam sieht sich nicht nur als nachgeordnete ausführende Agentur, sondern die Strategien und Konzepte werden gemeinsam erstellt. „Deshalb ist es uns auch so wichtig, dass wir die Ziele unserer Kundinnen und Kunden mittragen können.“

Dem 2009 gegründeten Unternehmen geht es gut, der Umsatz lag 2020 bei 1,8 Millionen Euro. Doch weiteres Wachstum ist nicht angepeilt, die jetzige Größe passe gut zu Wigwam, so könne man die hohe Qualität und die besonderen Strukturen gut mit einander vereinbaren, weiß Lena Erdt. Bleibt noch die Frage, wer in diesem genossenschaftlichen Modell eigentlich haftet, wenn mal was schiefgeht. Die Genoss:innen haften mit Ihren Einlagen. Darüber hinaus gibt es Binnenverträge, die das Haftungsrisiko einzelner gegenüber Vermieter oder Bank auf alle gleich verteilen. Eine rundherum befriedigende Lösung für die Haftungsfrage gibt es noch nicht, ist aber in Arbeit.

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Über 99 Prozent noch fast unberührt

Interview mit Yvonne Zwick, Vorsitzende B.A.U.M. e.V., über die Rolle ihres Verbandes beim nachhaltigen Wirtschaften

Sie ist erst die zweite Vorsitzende des Unternehmensnetzwerks B.A.U.M. und die erste Frau. Yvonne Zwick (44) will die Transformation zur Nachhaltigkeit vorantreiben. Auch soziale Themen spielen dabei eine zunehmende Rolle. Die große Frage bleibt: Wie kann man die 99 Prozent der deutschen Unternehmen erreichen, die sich beim Thema Nachhaltigkeit noch vornehm zurückhalten?

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Frau Zwick, Sie haben im Januar den Vorsitz des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management übernommen. Sie kannten B.A.U.M. schon gut aus Ihrer Arbeit beim Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), wo Sie sich um das Thema Nachhaltiges Wirtschaften kümmerten. Jetzt als Insiderin: Haben Sie etwas vorgefunden, das Sie nicht erwartet hätten?
In der Tat: Ich bin immer davon ausgegangen, der Verein habe 550 Mitgliedsunternehmen. Ein Blick in die Datenbank zeigte mir aber: Dazu kommen noch 150 Einzelmitglieder. Die hat BAUM aber in der Kommunikation nie einbezogen. Ein sympathisches Understatement. Ich habe das nun aber geändert, denn ich denke, auch diese Mitglieder, also die Freiberufler:innen, Studierenden, Wissenschaftler:innen etc. spielen bei uns eine wichtige Rolle – nicht nur indem sie die Organisation finanziell stützen.

Das Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften wurde 1984 gegründet und all die Jahre von Maximilian Gege geführt und geprägt, der nun den Stab an Sie weitergab. Wie haben die Mitglieder auf Sie reagiert?
Ich kommuniziere intensiv mit den Mitgliedern, schreibe ihnen, was ich tue, an welchen Projekten wir in der Hamburger Geschäftsstelle arbeiten und an welchen Stellen wir sie brauchen. Das kommt gut an, sie gehen stark mit mir in Resonanz. Auch auf den Social-Media-Kanälen haben wir einen lebendigen Dialog. Und ich höre immer wieder, wie groß die Wertschätzung für Maximilian Gege ist und das, was er über die 37 Jahre als Vorsitzender geleistet hat. Ohne ihn gäbe es B.A.U.M. so nicht.

Was ist die größte Stärke von B.A.U.M.?
Wir haben eine lange Historie und damit eine große Expertise. Davon profitieren die Mitglieder. Davon profitieren aber auch alle, die in der Gesellschaft am Thema nachhaltiges Wirtschaften arbeiten. Wir wissen, wie Unternehmen funktionieren und was sie für diesen Weg brauchen. Auch hier ist B.A.U.M. bisher eher etwas zu bescheiden gewesen. Wir sollten diesen Erfahrungsschatz nicht unter Wert verkaufen.

Und was könnte besser sein?
Die Vernetzung untereinander hat im Laufe der Jahre nachgelassen – Corona war eine Zäsur, die den Austausch in digitalen Formaten, wie unseren Unternehmenstreff Nachhaltigkeit, gestärkt hat. Ich will, dass sich die Unternehmen gegenseitig wieder mehr helfen. Dafür bauen wir eine digitale Netzwerkstruktur auf, die den Austausch, die Zusammenarbeit erleichtert, auch demokratisiert, was im Verband passiert. Die Mitglieder sollen auch gemeinsam Projekte auf den Weg bringen können, um die Transformation voranzutreiben. Ich möchte regionale Cluster stärken. Wir wollen uns aber nicht nur an Mitglieder richten: Mit unseren Initiativen “Nachhaltig digital“ oder „Wirtschaft pro Klima“ zum Beispiel laden wir auch Akteur:innen ein, die zeitweilig mit uns kooperieren oder sich informieren wollen.

Das Umweltmanagement war lange im Fokus von BAUM. Nun werden auch die sozialen Themen wichtiger. Wie nehmen Sie das in Ihrer Mitgliedschaft wahr?
Wir befragen momentan unsere Mitglieder, welche Themen sie beschäftigen. Mit der Pandemie sind für sie natürlich die Themen Home Office, arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen noch stärker in den Fokus gerückt. Deutlich ist aber auch: Unsere Mitglieder wissen in der Regel sehr genau um die Bedeutung der sozialen Fragen, sind meist Unternehmen, die einen Ruf als „best place to work“ haben. Wir können als Verband jedoch zum Beispiel das betriebliche Gesundheitsmanagement noch vorantreiben und damit zum Gesundheitswesen insgesamt beitragen. Die sozialen Themen rücken auch mehr ins Blickfeld, weil die EU plant, eine gesellschaftliche Taxonomie nachhaltiger Investments zu erstellen.

Frauen hat man bei B.A.U.M. eher seltener gesehen. Wollen, können Sie das ändern?
Aber ja! Zuallererst in den Gremien. Unser wissenschaftliches Kuratorium war in der letzten Berufung zu 23 Prozent mit Frauen besetzt, der Unternehmensbeirat zu 18 Prozent. Nach der Neuberufung haben wir nun im wissenschaftlichen Kuratorium Parität und im Beirat Unternehmen ein Drittel Frauen – quasi entsprechend dem Frauenanteil im Führungspositionengesetz (FüPoG). Ich merke jedoch auch: Allein, die Tatsache, dass ich nun als Frau B.A.U.M. führe, motiviert weibliche Mitglieder sich stärker einzumischen. Und ich hoffe auch, wir können noch mehr von Frauen geführte Unternehmen gewinnen.

UnternehmensGrün hat sich gerade in Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) umbenannt. Fürchten Sie die Konkurrenz?
In diesen Kategorien denke ich nicht. Alle sollten tun, was sie am besten können. B.A.U.M. ist gut in den betriebspraktischen Bezügen, Lobbying ist bei uns eher Nebengeschäft. Es gibt genug zu tun für viele. Wir sollten unsere Kräfte aber auch bündeln, und das tun wir, indem wir zum Beispiel gemeinsam einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl veröffentlicht haben oder an die EU-Kommission schrieben wegen der Regelungen zur Berichterstattung.

Was sind die dicksten Bretter, die Sie vor sich sehen?
Um B.A.U.M. mache ich mir keine Sorgen, aber wir dürfen nicht vergessen: Wir sind eine Nische. Nur 0,15 Prozent (!) der deutschen Unternehmen wirtschaften nachhaltig. Wie erreichen wir die anderen? Wie erzielen wir eine Sogwirkung? Wir müssen noch viel deutlicher machen, dass nachhaltiges Wirtschaften funktioniert und die Firmen ökonomisch sehr erfolgreich sind. Und wir brauchen Kriterien, anhand derer wir qualifizieren, wer nachhaltig wirtschaftet und wer nicht.

Das Gespräch führte Heike Leitschuh

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Vector das Wohlfühlunternehmen

Wer bei Vector einen Arbeitsplatz hat, gibt ihn so schnell nicht wieder auf. Das Unternehmen ist nicht nur sehr erfolgreich am IT-Markt, es bietet seinen Beschäftigten auch ein Arbeitsklima, in dem gute Ideen gedeihen können und Gemeinwohl wichtig ist. Firmengründer Helmut Schelling war zu Gast beim CSR-Forum und sprach mit Günther Bachmann darüber, was Vector besonders macht und wie soziale Nachhaltigkeit funktioniert.

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1988 von Helmut Schelling und zwei Kollegen als GmbH gegründet ist das Unternehmen heute mit rund 3000 Mitarbeitet*innen und 700 Millionen Euro Umsatz ein international bedeutendes Unternehmen für digitale Werkzeuge, Softwarekomponenten und Dienstleistungen zur Vernetzung von Daten-Systemen. Vor allem die Automobilindustrie ist ein großer Kunde.

Im letzten Newsletter berichteten wir darüber, wie wert-orientierte Unternehmen die feindliche Übernahme durch „Heuschrecken“-Investoren abwehren können, um das Geschäft konsequent am Gemeinwohl statt an Shareholderinteressen auszurichten. Die Firma Vector Software in Stuttgart meint eine Antwort gefunden zu haben. In der Finanzkrise 2008, so Schelling, hätten Mitarbeiter*innen besorgt gefragt: Was, wenn das Unternehmen fremdgesteuert übernommen wird? Was, wenn die Gründer keine Nachfolge haben? „Gute Fragen und so kamen wir auf die Lösung, die Firma nach dem Modell von Bosch in eine Stiftung zu überführen.“ Der Großteil des Kapitals befindet sich seit 2011 in einer gemeinnützigen Stiftung, ein kleinerer Teil in einer Familienstiftung. Das Ganze wird über einen externen Beirat kontrolliert und durch eine Förderstrategie zu Gemeinwohl, Innovation und Bildung flankiert. So fühlt man sich bei Vector für die Zukunft gut gerüstet und ökonomisch nachhaltig aufgestellt.

Bemerkenswert ist das hohe soziale Engagement für die Mitarbeiter*innen. „Die Beschäftigten müssen Freude an der Arbeit haben, dann stimmt auch die Leistung“, weiß der Chef, und scheut sich nicht den Begriff „Wohlfühleffekt“ zu benutzen. In der Tat: Die Fluktuation bei Vector ist mit 1,8 Prozent sensationell gering und die Umfragen in der Belegschaft fallen regelmäßig sehr positiv aus. Wie erreicht man das? Die Hierarchien sind flach und durchlässig, hier kann man auch mal eine Stufe überspringen. Alle sollen mit allen oder über alles reden, also auch mit dem Chef des Chefs, die Türen der Führungskräfte stehen offen. Es wird darauf geachtet, dass alle an dem Platz sind, an dem sie ihre beste Leistung zeigen können. Die Kantine bietet gutes Essen und hier sind auch die Familienangehörigen gerne gesehen. Feste und Zusammentreffen stärken das Gemeinschaftsgefühl. Seltsam für die Betrachter*innen: Das Unternehmen hat trotz seiner Größe keinen Betriebsrat. Bisher gab es dazu keinerlei Initiative aus der Belegschaft, Probleme scheinen anders lösbar. Für die Geschäftsleistung macht das die interne Kommunikation allerdings aufwändiger.

Und wie sieht beim Thema Umwelt- und Klimaschutz aus? In der Autobranche geht der Trend zu E-Mobilität, gleichzeitig wird hier wegen des Verbrauchs um jedes Gramm Gewicht gefeilscht. Damit steht Vector unter großem Effizienzdruck. Effiziente Software-Lösungen und Green IT sind die Stichworte. Daneben gibt es eine Solaranlage und das Unternehmen nutzt Geothermie. Wird geschäftlich geflogen, zahlt man eine Klimakompensation an Atmosfair. Auch Mitarbeiter*innen fordern immer mal wieder mehr Klimaschutz, zum Beispiel mehr vegetarisches und veganes Essen in der Kantine.

Text: Heike Leitschuh

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Tanzende Kühe

Barbara Scheitz, Andechser Molkerei, sprach mit Günther Bachmann

Tanzende Kühe, wo gibt es denn sowas? Bei Bauern, die die Andechser Molkerei mit Bio-Milch beliefern. Deren Chefin, Barbara Scheitz, liefert den Beweis im Video: Kühe, die lange im Stall waren und wieder auf die Wiese dürfen, springen vor Freude. Wenn das kein überzeugendes Argument für die Weidehaltung ist? 645 Bauern gehen den Weg der ökologischen Milchwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung und beliefern Europas größte Bio-Molkerei, deren Chefin das Familienunternehmen vom Vater übernommen hat. Am 7. Mai sprach Günther Bachmann, Mitglied im CSR-Kuratorium, mit ihr über soziale Verantwortung, darüber, was glückliche Kühe brauchen und über die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft.

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Zahlen können beeindruckend sein. Wussten Sie, dass sich in Bayern im Boden von Biobauern im Schnitt 450 Regenwürmer auf einem Quadratmeter tummeln, während es bei den konventionellen Bauern nur noch 16 sind? Oder dass eine Biomilch-Kuh bis zu 10 Jahre alt wird, während die Hochleistungskühe nach maximal drei Jahre erschöpft geschlachtet werden? Diese müssen nämlich fast die doppelte Menge Milch geben, bis zu 15.000 Liter im Jahr, während sich die Ökovielhalter mit maximal 8000 Litern begnügen. Die Hochleistung wird mit viel Eiweiß erreicht, mit Soja, vor allem aus Südamerika importiert, wo für dessen Anbau Regenwälder weichen müssen. „Eine Kuh käme von alleine nie darauf Soja zu fressen. Das hat man den Rindern antrainiert“, weiß Barbara Scheitz.

Allen Trends zu Veganismus zum Trotz trinkt und isst die Molkereifachfrau täglich Milch und isst leidenschaftlich gerne Joghurt, Käse und Butter, weil das für sie gesunde Lebensmittel sind. Aber wenn doch mehr Menschen zu Hafer- oder Mandelmilch greifen, sitzt sie da nicht zwischen den Stühlen, will Günther Bachmann wissen. Nein, sie freue sich darüber, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher immer anspruchsvoller würden, darin bestünde eine große Chance, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten, antwortet sie diplomatisch.

Diplomatie scheint überhaupt eine große Stärke von Barbara Scheitz zu sein, die mit ihren vielen Lieferanten ja immer über die Preise verhandeln muss. „Das tun wir auf Augenhöhe. Ich versuche mich in ihre Lage zu versetzen, habe aber auch meine Interessen im Blick. Eine Untergrenze ist definiert. Bisher haben wir uns noch immer gut einigen können.“ Und das ist wichtig, denn hier geht es um die soziale Nachhaltigkeit: Die Bauern können sich auf die langfristigen Absprachen mit der Molkerei verlassen, das gibt ihnen Perspektive für die Existenz ihrer Betriebe und Familien, die wiederum bedeutsam sind für das Leben auf dem Land.

56 Cent erzielt sie auf dem Markt für einen Liter Öko-Milch, bis zu 39 Cent sind es bei der konventionellen Milch. Für die 40 Prozent mehr muss aber auch das ganze System finanziert werden, also bessere Haltung, besseres Futter, größere Ställe, Auslauf, etc. pp. Eine Kuh muss laufen können, um das zu beweisen, hat die Molkereichefin mal getestet, wieviel Kilometer Mensch und Kuh am Tag absolvieren. Die Kuh hat klar gewonnen: 12 Kilometer ist sie unterwegs. Wenn man sie lässt.

Mit 190 Millionen € Umsatz im Jahr und rund 210 Beschäftigten ist die Andechser Molkerei dennoch ein Fliegengewicht auf dem Milchmarkt, wo die kleinste unter den großen Molkereien auf rund 2,3 Milliarden € kommt. Doch in Bayern wird Barbara Scheitz ernst genommen: Sie sitzt dort im Klimarat und berät die Landesregierung. Da geht es dann darum, wie man Böden behandeln muss, damit sie CO2 speichern, Stickstoff binden und generell resilienter werden. Die Biowirtschaft hat hier viel Expertise. Die Andechser Molkerei zahlt Bauern eine Prämie von 10 € pro Tonne CO2, die sie durch Aufbau der Humuswirtschaft nachweislich in ihren Böden speichern.

2016 gelang es Barbara Scheitz nach langen Verhandlungen Anteile eines französischen Konzerns zurückzukaufen. Jetzt ist die Andechser Molkerei wieder zu 100 Prozent in Familienhand. Welchen Weg werden andere in der Branche gehen müssen? ‚Wachsen oder Weichen‘ scheint derzeit die einzige Alternative zu sein. Eine Studie des Thünen-Instituts sagt voraus, dass es 2070 in Deutschland gerade mal noch 20.000 landwirtschaftliche von 2020 rund 263.000 Betrieben geben wird. Dieses gigantische Höfesterben würde vielfältige negative Konsequenzen für die nachhaltige Entwicklung unserer ländlichen Räume haben. Doch Trends sind veränderbar. „Wir werden alles dafür tun, dass die Kleinstrukturen überleben können“, sagt Barbara Scheitz. Man glaubt es ihr.

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Die App gegen Lebensmittelvergeudung

Too Good To Go jetzt auch in Deutschland erfolgreich am Start

Rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel landen im Abfall. In Deutschland sind das etwa 12 Millionen Tonnen im Jahr. Das ist nicht nur eine skandalöse Verschwendung von Ressourcen, das ist auch der drittgrößte Posten für CO2-Emissionen. Ein Start-Up will helfen dies zu ändern. Mit einer App kann man Essen retten, Klima schützen und dabei Geld sparen. To Good To Go ist damit schon in vielen Ländern erfolgreich.

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Es war die Idee der Dänin Mette Lykke, heutige Chefin von Too Good To Go International, 2016 eine App zu entwickeln, über die sich Restaurants, Bäckereien oder Läden mit den Kundinnen und Kunden vernetzen können, um Lebensmittel zu retten. Wie funktioniert das? Wer Essen oder ganze Mahlzeiten hat, die noch gut genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden können, informiert darüber auf der App. Interessent:innen müssen sich das Essen selbst abholen, das maximal 50 Prozent des Ursprungspreises kosten darf. Auch bezahlt wird über die App. Das Konzept läuft so gut, dass inzwischen in Lykkes Team in vielen Ländern Europas und den USA über 600 Menschen arbeiten. Und die haben schon Einiges erreicht: Insgesamt konnten sie auf diese Weise insgesamt rund 76 Millionen Mahlzeiten vor dem Abfall bewahren und wahrscheinlich auch vielen Menschen mit kleinem Geldbeutel zu gutem Essen verhelfen. Die Unternehmen können ihren Umsatz erhöhen und neue Kundschaft gewinnen.

In Deutschland, wo Too Good To Go 2019 unter der Leitung von Laure Berment an den Start ging, konnte das Start-Up immerhin schon fast acht Millionen Mahlzeiten retten. Das entspricht 190.000 Tonnen CO2-Äquivalenten oder den Emissionen, die 17.500 Bürgerinnen und Bürger im Jahr verursachen. Mit Corona, so Johanna Paschek von Too Good To Go Deutschland, sei deutlich zu spüren, dass der Stellenwert für Lebensmittel bei den Menschen größer geworden sei. Mehr als die Hälfte aller Lebensmittel werden in den heimischen vier Wänden vergeudet. Das wurde den Menschen nun im Lockdown bewusster. So erklärt sich Paschek den guten Start der App in Deutschland: Rund 5,4 Millionen Menschen nutzen sie hier bereits. „Wir sind offenbar die richtige App zu richtigen Zeit“, sagt sie und fügt hinzu: „Unsere App ist der weltweit größte B2C-Marktplatz für überschüssige Lebensmittel.

Es ist eine große Bandbreite der rund 7500 Betriebe, die hierzulande in 900 Städten schon mitmachen. Sie reicht von Edeka bis zum Tanta-Emma-Laden, von der Dean & David-Filiale bis zum Sterne-Restaurant. Mit diesem Angebot erweitert Too Good To Go die bisherigen Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung und schließt professionell eine Lücke zwischen Unternehmen und Verbraucher:innen.
Bis 2025 will man international mindestens eine Milliarde Mahlzeiten vor der Tonne bewahren. Damit dies gelingt, arbeiten die meist jungen Menschen auch an Aufklärungskampagnen, Bildungsangeboten sowie auf der politischen Ebene.

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Unternehmen treuhändisch führen

Neue Rechtsform angemahnt

Wenn ein Unternehmen sicherstellen will, dass es weder von Heuschrecken übernommen, noch von Kapitaleignern ausgeblutet werden kann, gibt es dafür verschiedene Möglichkeiten, dem rechtlich vorzubeugen. Man kann zum Beispiel eine gemeinnützige GmbH wählen oder das Unternehmen in eine Stiftung überführen. Doch manche Unternehmen finden für ihre Ziele keine passende Rechtsform, oder nur mit großem und teurem Aufwand. Eine Initiative will das ändern.

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Die Initiative des Entrepreneurs Armin Steuernagel setzt sich für einen neuen Ansatz ein, das sogenannte „Verantwortungseigentum“ oder auch „treuhänderisches Eigentum“ genannt. Unternehmen wie die GLS-Bank, Alnatura oder Ecosia unterstützen das Projekt, aber auch Politiker wie Lars Klingbeil von der SPD oder Robert Habeck von den Grünen. Da es sich um eine eher kleine Reform handelt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Idee realisiert wird. Die Wirkung wäre nicht zu unterschätzen: Sicherzustellen, dass die Werte eines Unternehmens nicht dem Profitstreben zum Opfer fallen können. Und zudem die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen zu erhöhen.
Weitere Informationen: Stiftung Verantwortungseigentum; Das Blog

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Frontrunner sind im Vorteil

NACHHALTIGKEIT ist eine Chance für deutsche Firmen im globalen Wettbewerb, sagt Prof. Wolfgang Schuster,
Vorsitzender des Kuratoriums Deutsches CSR-Forum und ehemaliger Oberbürgermeister Stuttgarts.

Herr Prof. Schuster, wozu braucht ein kleines oder mittleres Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie?
Jedes Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern muss schon heute in Ergänzung zum Geschäftsbericht einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen – Hintergrund ist das so genannte CSR-Richtlinienumsetzungsgesetz (CSR-RUG), das eine EU-Richtlinie national umsetzt. Dadurch sind auch viele kleine und mittlere Unternehmen gefordert, transparente
Lieferketten gegenüber ihren Geschäftspartnern nachzuweisen.
Wenn Bosch, Daimler oder Porsche dies verlangt, muss ein
Unternehmen hierzu in der Lage sein, wenn es weiter Zulieferer
bleiben will – ganz unabhängig von seiner Größe und von der Frage, ob es gesetzlich dazu verpfl ichtet ist oder nicht.

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Die Unternehmen müssen also mitziehen?
Wenn sie langfristig erfolgreich sein wollen: Ja. Aber ich sehe diese Entwicklung positiv. Viel wichtiger als die juristische Seite ist es für Unternehmerinnen und Unternehmer, sich Rechenschaft über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu geben. Wo will ich langfristig hin? Wie kann ich mein Profi l schärfen und meine Mitarbeiter mitnehmen? Im Rat für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung, dem ich bis Ende 2019 angehört habe, haben wir einen praktischen Leitfaden entwickelt, mit dem auch ein kleineres Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen kann, ohne dass es viel Geld für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ausgeben muss.

Muss ein Unternehmen im Wettbewerb nicht vor allem wirtschaftlich erfolgreich sein, bevor es daran denken kann, Gutes zu tun?
Es geht nicht darum, Gutes zu tun. Gerade in Zeiten, in denen sich so viel verändert, ist es um so notwendiger, sich darüber klar zu werden, wohin meine langfristige Entwicklung geht, wie ich meine Stärken entwickeln kann und wie sich diese in das wirtschaftliche, ökologische und soziale Umfeld fügt. Es geht auch darum, wo ich mich als Unternehmer wiederfi nde in einem Zeitalter, das manche als postfaktisch bezeichnen. CSR kann man als Gegenentwurf sehen, denn dabei geht es auch darum, durch Transparenz Vertrauen zu schaffen – im Unternehmen genauso wie auch nach außen. Es ist immer gut, wenn man die Karten offen auf den Tisch legen kann.

Ist CSR denn auch in Asien und Amerika ein Thema?
In einem globalen Wettbewerb neigt man dazu, auf die anderen zu schauen: Wenn es die anderen machen, mache ich es auch, sonst lieber nicht – vielleicht habe ich ja einen Nachteil davon. Man kann es aber auch umgekehrt sehen: Wer frühzeitig die von allen Nationen akzeptierten Nachhaltigkeitsziele aufgreift – formuliert in der UN Agenda 2030 und dem Klimaschutzabkommen von Paris -, der hat vor all denen einen Wettbewerbsvorteil, die das nicht rechtzeitig tun. Der gesellschaftliche und politische Druck nimmt zu, und Regulierungen werden kommen. Wer sich schon heute darauf vorbereitet, hat einen Wettbewerbsvorteil. Und junge Kunden werden eher zu ihm kommen als zu einem anderen Unternehmen, denn junge Menschen fragen heute sehr stark nach Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit.

Und dieser Trend ist stabil?
Langfristig werden sich Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsstrategie gar nicht mehr refinanzieren können, weil ihre Kreditwürdigkeit auch anhand von Nachhaltigkeitsaspekten geratet wird. Beim Finanzforum in Frankfurt, das wir vom Rat für nachhaltige Entwicklung aus organisiert haben, wurde das sehr deutlich. Der weltweit größte Investor Blackrock hat ja schon vor zwei Jahren beim Weltwirtschaftsforum in Davos bekanntgegeben, dass er seine Investitionsentscheidungen künftig an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten wird. Sie können davon ausgehen, dass die anderen Großinvestoren nachziehen werden. Und das wird Folgen für die gesamte Lieferkette haben, beginnend bei den Konzernen über die mittleren bis zu den kleinen Unternehmen. Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung für uns in ganz Deutschland und natürlich auch in der Region gut ist. Wenn wir auch hier die Frontrunner werden, dann stehen wir auch morgen noch wirtschaftlich stark da.

Das Deutsche CSR-Forum gibt es jetzt seit 17 Jahren. Hat es etwas erreicht?
Ich glaube schon, dass das CSR-Forum etwas bewirkt. Zum Beispiel über Themen, die es in der Öffentlichkeit setzt. Beim nächsten Mal wird dies voraussichtlich die Frage sein, wie wir die Transformationsprozesse der Digitalisierung und der ökologischen Herausforderungen mittels Bildungsprozessen gestalten können – in den Unternehmen, aber natürlich auch durch Institutionen wie die IHK, die die Firmen bei der Entwicklung ihrer Zukunftsfähigkeit unterstützen. IHK-Hauptgeschäftsführer Johannes Schmalzl ist ja ebenfalls im Kuratorium des CSR-Forums. Außerdem dient das Forum ja dem Kennenlernen und dem Austausch aller, die sich mit Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen beschäftigen. Es wirkt somit über die Netzwerke der Teilnehmer. Insgesamt trägt das CSRForum dazu bei, die soziale Marktwirtschaft
weiterzuentwickeln.

Warum haben Sie den Vorsitz des CSRForums übernommen?
Mir war immer die Frage wichtig, wie unsere Kinder und Enkelkinder in der Zukunft leben werden. Ich bin Jahrgang 1949 und gehöre zu der glücklichen Generation, die in Frieden leben konnte und die in wirtschaftlichen Wohlstand, in den Rechtsstaat und in ein demokratisches Gemeinwesen hineingewachsen ist. Diese Friedensdividende wurde uns im Gegensatz zu früheren Generationen geschenkt. Umso stärker empfi nde ich die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich diese Entwicklung wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch fortsetzt.

Interview: IHK – Magazin Wirtschaft

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Vertrauen und Empathie – Software für soziale Verantwortung

Helmut Schelling von Vector im Gespräch mit Günther Bachmann am 2. Juli 2021, 15:00 Uhr.

Als das Silicon Valley zum Inbegriff der IT-Scene wurde, gründete Helmut Schelling mit Kollegen seine Firma in Stuttgart, und macht Vector zur Erfolgsgeschichte. 1988 war das. Vector produziert hochmoderne und erfolgreiche Software. Mit seinen Produkten hält das Unternehmen am Weltmarkt mit, ist innovativ – und schreibt sozial-unternehmerische Geschichte. Für die soziale Verantwortung gibt es keine Software, da müssen Rollen verteilt werden, da braucht es Vertrauen, Rituale und man muss miteinander reden. Wie das geht und warum Vector damit erfolgreich ist, wollen wir uns von Helmut Schelling näher erklären lassen.

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Nachhaltiges Wirtschaften ist bei Vector seit vielen Jahren ein Anliegen, bei dem die CO2 -Emissionen reduziert, bauliche Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt und eine nachhaltige Mobilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglicht wird. Aber auch die naturwissenschaftlich-technische Schulbildung und Forschung werden gefördert, Lieferanten mit Prüfkriterien zur Nachhaltigkeit ausgewählt.

Das Wichtigste jedoch: 2011 haben die Gründer ihre Firma in ein Stiftungsmodell überführt, denn sie wollen das Gemeinwohl stärken. Damit liegt Schelling weit vor dem Trend. Wie Verantwortung, soziale Nachhaltigkeit und Eigentum zusammengehen, auch das wird Gegenstand des Gesprächs sein.
Und schließlich: Wir wären nicht das Deutsche CSR-Forum zu Gast beim Kolping Bildungswerk und der IHK Stuttgart, wenn wir den Software-Experten nicht auch nach Deutschlands digitaler Zukunft fragen würden.

Seien Sie dabei, wenn die Erfahrungen eines Pioniers der Big Data Cloud und eines Pioniers der sozialen Nachhaltigkeit in einer Person zusammenfließen.

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Unsere Autorin des Newsletters Heike Leitschuh

Ab sofort übernimmt Heike Leitschuh die Redaktion des CSR-Newsletters. Sie arbeitet seit über 25 Jahren zu den Themen der nachhaltigen Entwicklung: als Buch-Autorin, Publizistin, Moderatorin und Beraterin. Ihre Schwerpunktthemen sind Zukunftsfähige Unternehmensentwicklung/nachhaltiges Wirtschaften, Postwachstumsökonomie, Transformationsprozesse und nachhaltige Lebensstile. Sie moderiert Veranstaltungen sowie Dialogprozesse und berät in Fragen der Entwicklung von Strategien für Nachhaltigkeit, von Stakeholderdialogen sowie der Kommunikation. Ihre jüngsten Bücher: «Belächelt, Bekämpft, Begehrt. Mit Biopionier Ulrich Walter durch fünf Dekaden» (2021) und «Ich zuerst! Eine Gesellschaft auf den Ego-Trip» (2018). Seit 2001 ist sie Mitherausgeberin des Jahrbuch Ökologie.

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Das Wir-Prinzip
Antje von Dewitz im Gespräch mit Günther Bachmann

Auftakt zu den CSR Gesprächen des Deutschen CSR-Forums mit der IHK Region Stuttgart im März 2021. Die CSR Gespräche von Günther Bachmann mit einer Unternehmerin oder einem Unternehmer finden alle zwei Monate statt.

Da sage niemand, Geschichte wiederhole sich nicht. Den Outdoor-Spezialisten Vaude startete ihr Vater lange bevor Outdoor zum Trend wurde. Die damals gerade zwei Jahre alte Antje von Dewitz agiert heute als Chefin des Familienunternehmens weit im Vorfeld von Trends und bricht dabei das eine oder andere Tabu. Als eine der ersten in der Wirtschaft tritt sie für ein Lieferkettengesetz ein.

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In der heißen Flüchtlingsdebatte macht sie sich stark für ein Bleiberecht für Flüchtlinge mit einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Eine CO2-Steuer sieht sie als „Innovationsmotor für die Wirtschaft“. Sie steht für eine Unternehmenskultur, die sich an partnerschaftlichem Respekt, Vertrauen und Nachhaltigkeit orientiert. Von der „Fast Fashion“ Doktrin hält sie nichts. Ihre Produkte, nach allerhöchsten Ansprüchen der Nachhaltigkeit hergestellt, sind slow und so kann sie den Warenfluss langfristig steuern und unsinnige Kosten etwa durch das saisonale Verramschen vermeiden. Was in der Wirtschaft längst noch keine Normalität ist, gehört für sie zum „Wir-Prinzip“.

Antje von Dewitz nutzt die Corona-Krise, um zu überdenken, ob sie und das Unternehmen das Leben mit dem füllen, was tatsächlich wichtig ist. Ihr Fazit: „Unsere auf gegenseitigem Vertrauen basierende Firmenkultur sowie unsere fest verankerte, nachhaltige Unternehmensausrichtung helfen uns, flexibel und aus eigener Kraft durch diese stürmische Zeit zu steuern.“ Unterbrochene Zulieferungen werden eben gerade nicht einseitig gekündigt, sondern gemeinsam mit den Partnern zum gegenseitigen Vorteil angepasst. Das erzeugt auch neuen Schwung für gemeinnütziges Engagement der Mitarbeitenden bis hin zu einem Social Day gemeinnütziger Tätigkeiten in Kombination mit Möglichkeiten zur Fortbildung. Das Wir gibt gerade dann Sicherheit und Halt, wenn Vieles im weiteren Umfeld schwankt und bricht.

Kein Wunder also: Im Oktober 2020 gründet von Dewitz mitten in die Pandemie hinein die Vaude – Akademie für nachhaltiges Wirtschaften: Um Wissen zu teilen, zu lernen, was Führung leisten kann und muss, wie die Arbeitskultur Vertrauen schafft und wie Mitarbeitende ganzheitlich in Transformationsprozess eingebunden werden können.

Noch ist es nicht allzu lang her, da waren Unternehmer fast immer Männer. Konkurrenz und Ich-Rivalität sind männlich. Meistens jedenfalls. Heute ist Vieles anders. In Familienunternehmen liegt der Anteil der Frauen, die die Unternehmensnachfolge antreten, bei rund 50 Prozent. Antje von Dewitz ist eine dieser Pionierinnen.

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„Das ist mir halt so zugefallen“
Alfred Theodor Ritter im Gespräch mit Günther Bachmann

Alfred Theodor Ritter im Gespräch mit Günther Bachmann
beim 2. CSR-Gespräch des Deutschen CSR-Forums und der IHK Region Stuttgart im April 2021

Bekannt ist er als Marke, relativ unbekannt als Allrounder für nachhaltige Geschäftsfelder. Ritter – Sein Name steht für die Schokoladenmarke, aber er stellt auch Vakuumröhren für Sonnenkollektoren her, ökologische Heizsysteme und große Solaranlagen. Sein „Hotzenblitz“, der erste Strom-PKW den es in der Bundesrepublik gab, ist legendär. Alfred Theodor Ritter beteiligt sich an einer Filmgesellschaft, baute mit seiner Schwester eine Solarhaussiedlung und ist Eigentümer eines Gewerbeparks. Das alles sei ihm zugefallen, sagt er bescheiden.

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Diese Geschichte hat er schon oft erzählt, aber immer klingt die Betroffenheit und Empörung über die Atomwirtschaft wie aktuell: Als 1986 der Atomreaktor in Tschernobyl zerbarst, da verstrahlte er in der Türkei auch die für das Familienunternehmen so wichtige Haselnussernte – aus Alfred Ritter machte das den Öko-Industriellen. Auf eine besondere Art. Er protestiert indem er Alternativen schafft, zeigt, was möglich ist, wenn man es nur anfängt. Ein Öko-Kämpfer sei er nicht, sagt er denn Kampf – jedenfalls in der Art ständiger Konfrontationen – erzeuge reflexartige Gegenwehr und damit Stillstand. Da kommt im Gespräch der Psychologe durch, der Alfred Ritter auch ist. Vier Semester lang studierte er, dem Vater zu liebe, Volkswirtschaft und blickt – jetzt als erfolgreicher Unternehmer – mit kaum freundlichen Worten auf Ratschläge aus diesem Fach. Dann ließ er sich zum Psychologen ausbilden und arbeitet einige Jahre als selbstständiger Psychotherapeut in Heidelberg. Auf die Frage, wie viel Psychotherapie eigentlich das Corona-geschwächte politische Bewusstsein in Deutschland brauchen würde, lacht er vielsagend.

Die politische Meinungsbildung zur Energiewende sieht Ritter höchst kritisch. Zu viel Geld hat er durch das Hü und Hott verloren, weil der Staat die Erneuerbaren Energien einmal vorantreibt und dann wieder ausbremst. Kritisch auch seine Haltung zum Begriff Nachhaltigkeit: zu viel freudloser Verzicht. Die tausend Dinge zu tun, die alle einfach tun können, verspräche dagegen Freude und Glück. Die politische Ordnung, so Ritter, müsste sich eben viel langfristiger an Zielen und Visionen des Besseren und Schöneren orientieren. Das sei schließlich auch so, wenn man die beste Schokolade produzieren wollte. In das Nicaragua der Sandinistas hat er vor 30 Jahren den Kakaoanbau überhaupt erst wieder zurückgebracht. Heute errichtet er dort eine eigene große Plantage und setzt soziale Standards, die für das Land wie pure Zukunft klingen: Aufstieg durch (Aus-)Bildung gepaart mit vom Unternehmen bezahlter Fortbildung.
Zugefallen mag ihm das sein, aber ergriffen hat er die Möglichkeiten dann sehr beherzt. Als Unternehmer der sozialen Verantwortung.

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Von der kleinen Käserei zu Europas größter Bio-Molkerei

CSR-Gespräch mit Barbara Scheitz, Andechser Molkerei Scheitz und Günther Bachmann am 7. Mai 2021, 15 Uhr.

Nach den beiden spannenden Gesprächen mit Antje von Dewitz, Vaude und Alfred Ritter, Ritter-Sport hat das CSR Forum nun Barbara Scheitz, Inhaberin der Andechser Bio-Molkerei Scheitz, zum Gespräch eingeladen.

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Turbulenzen bei den Preisen, die Suche nach sozialer Chancengerechtigkeit im ländlichen Raum, Anforderungen an das Tierwohl versus Beschwerden gegen den Lärm von Kuhglocken, Düngemittel und Wasserqualität – die moderne Landwirtschaft erzeugt viele Kontroversen und Abhängigkeiten. Und mitten in all dem führt Barbara Scheitz eine über 110jährige Betriebsgeschichte in die Zukunft.

645 Bauern beliefern Europas größte Bio-Molkerei. Barbara Scheitz setzt auf soziale Kompetenz, Verantwortung und Vertrauen bei höchster Qualität. Den Bauern zahlt sie eine Weideprämie auf den Milchpreis, die Erzeugerpreise handelt sie mit ihnen alle zwei Monate auf Augenhöhe aus. Die Konsument*innen erhalten Einblick in die Wertschöpfung. Sie übernahm die Molkerei vom Vater, der schon das überdüngte Grundwasser durch eine Biostrategie verbessert hatte, und stellte sie als erste deutsche Molkerei zu 100 Prozent auf Bio um. Nun baut sie auch die Anlagen ökologisch um. Es gelingt ihr, Anteile von einem französischen Konzern zurückzukaufen, um das Familienunternehmen zu konsolidieren. Mit ihr wird die Bio-Ökonomie zur Leitschnur der Zukunftsausrichtung ihres Betriebes.

Barbara Scheitz ist vom Fach: Nach der Lehre zur Molkereifachfrau sammelte sie Erfahrungen in verschiedenen Molkereien, schloss ein BWL-Studium ab und baute Fachgeschäfte auf. Sie engagiert sich in der Branche und in der Zivilgesellschaft. So ist sie unter anderem Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Landkreis Starnberg. In den Klimarat des Freistaates Bayern bringt sie das Thema „klimafreundliche Landnutzung“ ein.

Was sind die aktuellen Herausforderungen ihres Unternehmens und der Branche? Wie sieht sie die Zukunft der Landwirtschaft aus? Darüber spricht mit Barbara Scheitz Günther Bachmann, Aktivist und Nachhaltigkeitsexperte, Mitglied im Kuratorium des CSR-Forums: 7. Mai, 15 bis 16.30 Uhr.

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